Giulietta und BMW 1er: Neue Giulietta gegen etablierten BMW 1er

Wir schreiben das Jahr 1981: Die ARD beginnt mit der Ausstrahlung der Serie Dallas, Lena Valaitis holt beim Schlager-Grand-Prix den zweiten Platz, während ein Bodybuilder namens Schwarzenegger in Badehosen für Muskelaufbau-Präparate wirbt.


Alfa Romeo gegen BMW - Neuauflage des Duells in der Kompaktklasse
Und im Test von auto motor und sport 7/81 tritt Alfa Romeo mit der zweiten Giulietta-Generation zum Limousinenvergleich gegen BMW an. Der schwänzelnde BMW 3er sieht dabei nur das Stummelheck der Alfa Romeo Giulietta, deren Transaxle-Technik für beste Traktion sorgt. Gegen ihren elastischen Doppelnockenwellen-Motor kommt der brave BMW-Vierzylinder ohnehin nicht an. Knapp 30 Jahre später treffen sich die Gegner von einst erneut. Nicht nur die Welt hat sich verändert, Giulietta Nummer drei fährt jetzt bei den Kompakten eine Klasse tiefer, noch dazu mit Frontantrieb und Dieselmotor - damals sichere Indizien für träge Familienschaukeln.
Nicht jedoch für die aktuelle Alfa Romeo Giulietta. Als erstes Modell im Fiat-Konzern kommt sie in den Genuss einer neukonstruierten Plattform, die mit hochfesten Stählen, Magnesium und thermoplastischen Kunststoffen Verwindungssteifigkeit mit geringem Gewicht kombinieren soll. Optimierte Achsen mit Alu-Lenkern vorn und hinten wollen zudem Seitenkräfte wirksam abstützen. Mit der serienmäßigen Fahrdynamik-Regelung DNA (Dynamic, Normal und All Weather) lassen sich Lenkung, Gaspedalkennlinie und ESP auf Wunsch weiter anspitzen.
Alfa Romeo Giulietta wirft sich mit Wonne in jede Kehre
Mit Erfolg: Der Alfa Romeo Giulietta lenkt im Test auf optionalen 18-Zoll-Rädern zackig ein und wirft sich mit Wonne in jede Kehre. Dabei schiebt er erst spät über die Vorderräder und lässt dank straffer Abstimmung nur wenig Seitenneigung zu. Bestens zur quirligen Art passt der Zweiliter-Diesel, der schön zeigt, warum Selbstzünder heute bei vielen Hobby-Sportlern so gefragt sind: Ein Turbolader mit variabler Geometrie sowie von 1.600 bar Einspritzdruck zerstäubter Kraftstoff lassen Drehmoment-Wogen früherer V8-Benziner branden - fast unabhängig vom eingelegten Gang. Umso verblüffender, da bei leichtem Gasfuß Fünf-Komma-Verbräuche drin sind.
Giuliettas Temperament kann jedoch auf Dauer auch anstrengend werden. Dass kurze Stöße ruppig durchkommen, lässt sich angesichts der gebotenen Agilität noch verzeihen. Weniger aber der sparsame Einsatz von Dämmmaterial, wodurch der Direkteinspritzer vernehmlich dröhnt - bei höherem Tempo untermalt von Windgeräuschen im hohen Frequenzbereich. Vor allem auf schlechtem Belag verlangt die stößige und sterile Lenkung reichlich Korrekturen. Lästig auch das Start-Stopp-System, mit dem der Vierzylinder beim Ampelstart so träge in die Gänge kommt wie ein Tifosi am Morgen nach frühzeitigem WM-Aus.

BMW hält dem Heckantrieb auch im 1er die Treue
Auch zu BMW passt der Diesel inzwischen so selbstverständlich wie süßer Senf zur Weißwurst. Mit 7.6 Sekunden für den Sprint auf Tempo 100 degradiert der aktuelle Vergleichstest-Kandidat BMW 120d Quartett-Könige der Achtziger wie den BMW 323i (9,5 Sekunden) zu Luftpumpen und begnügt sich mit nochmals weniger Sprit als der Alfa. Dem Heckantrieb halten die Münchner jedoch bis hinab zum 1er die Treue, dessen aufwendige Mehrlenker-Hinterachse zum Besten gehört, was die Kompaktklasse zu bieten hat. Schneller als der Alfa wedelt er dadurch nicht - im engen Pylonenparcours zieht er sogar den Kürzeren. Aber er bleibt viel gelassener: In Lenkung, Fahrverhalten oder Geräuschkulisse fährt der BMW 120d eine halbe Klasse höher. Ausgewogene Gewichtsverteilung, sensible ESP-Elektronik und jede Menge Feinschliff haben aus den zickigen Heckschleudern von einst souveräne Kurvenprofis mit viel Langstreckentalent gemacht.
Im BMW 1er haben die Fond-Passagiere noch weniger Platz als im Alfa Romeo Giulietta
Zum Wohlfühlfaktor im BMW 1er trägt auch die Sitzposition bei, die Fahrer nahezu jeder Größe perfekt mit ihrem Kompaktsportler verschmelzen lassen. Ein Heckantriebs-Nachteil lässt sich hingegen nicht wegkonstruieren: Der üppige Kardan-Tunnel beschert Fond-passagieren und Gepäck nochmals weniger Platz als im Alfa. Doch auch die Giulietta fühlt sich mit ihrem coupéhaften Rundrücken und vielen liebevollen Zitaten aus der 100-jährigen Firmengeschichte vor der Eisdiele wohler als an der Möbel-Abholrampe. Zudem verteilt der Dachhimmel den Frisuren der Hinterbänkler ungefragt Streicheleinheiten.
Gebeutelte Marken-Anhänger freuen sich jedoch über die ordentliche Verarbeitung mit viel Echt-Metall im Cockpit, Alcantara-Einlagen am Lenkrad und kuscheligen Kofferraumteppichen. Die fummelige Bedienung von Radio, Navigationssystem und Lehnenverstellung der Vordersitze lässt sich da in Kauf nehmen. Nicht aber die wenig befriedigende Fahrer-Unterbringung. Auf den seitenhaltarmen und straff gepolsterten Sesseln müssen vor allem großgewachsene Alfisti ihre Beine stark anwinkeln.


BMW 1er: Klimaanlage und Co kosten Aufpreis
Dafür brauchen Giulietta-Fahrer sich beim Bezahlen weniger krumm zu legen: In der getesteten Turismo-Variante ist bis auf die dringend benötigten Parkpiepser alles Wichtige enthalten. Anders beim BMW 120d: "Bei ihm müssen etliche wichtige Details gegen Aufpreis erworben werden, die bei der Konkurrenz enthalten sind", bemängelten die Tester schon 1981. Und auch heute finden die Bayern nichts dabei, ein Auto der 30.000-Euro-Liga auf Stahlfelgen und ohne Klimaanlage auszuliefern. So groß die Fortschritte beim klaren Testsieger sonst ausfallen, manches ändert sich scheinbar nie. 

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