Zieht der Tiguan vorbei?

Spät kommt VW mit seinem kleinen SUV. Im Visier: der deutsche Bestseller BMW X3. Das erste Treffen sorgt bereits für eine Überraschung.

Für Volkswagen müsste das Märchen von dem Hasen und dem Igel ein wenig umgeschrieben werden. Während die Konkurrenten sich mit Neuerscheinungen abhetzen, sitzt der Igel ruhig in seiner Wolfsburger Furche und wartet ab, welche Hasen am besten laufen. Die kopiert er dann in Ruhe. Wenn er irgendwann fertig ist, ruft er wie das Buxtehuder Vorbild "Ich bin schon da" und setzt sich stets gleich an die Spitze der Verkaufsstatistiken. So geschehen bei Sharan, Touran, Touareg und Golf Plus. Beim Tiguan soll sich diese erfolgreiche Taktik auch wieder bewähren. Ein erster Vergleich mit dem bald vier Jahre alten BMW X3 zeigt, dass sich der Igel absolut nicht ducken muss. Nur optisch fordert der Tiguan zu Diskussionen heraus: Hinten ein geschrumpfter Touareg, vorn aber mit kantig hochgezogener Haube – das polarisiert beim ersten Anblick. Da ist längeres Schöngucken angesagt, während der BMW dank seiner klassischen Niere von vorn dezenter wirkt.

Dank doppelter Zwangsbeatmung hängt der Tiguan den X3 ab

Viel wichtiger aber: Was steckt unter den Hauben? Beim BMW ein Zweiliter-Benziner, der seine 150 PS bei 6200 Umdrehungen ohne jegliche Aufladung erreicht. Beim VW wird der kleine 1,4-Liter-TSI mit Hilfe von Kompressor und Turbolader auch auf 150 PS gebracht, die schon bei 5800 Rotationen auf volle Touren kommen. Wichtiger fürs Fahrgefühl ist aber – gerade in einem Allrad-SUV – das Drehmoment. Der BMW entwickelt 200 Nm bei 3750 Umdrehungen, der VW deutlich kräftigere 240 Nm bereits bei 1750 Touren. Das schlägt sich natürlich in den dynamischen Daten nieder: Während der X3 in 11,5 Sekunden auf Tempo 100 spurtet, ist der Tiguan schon 2,2 Sekunden früher da. Mit langem, langem Anlauf aber kommt der BMW auf 198 km/h Spitze, der Tiguan ist mit 192 angegeben. Schnell ein Blick auf die Tankuhr: BMW meldet einen EU-Verbrauch von neun Liter Super plus auf 100 Kilometer, VW gibt 8,4 Liter Super an. Und ein interessanter Wert für alle Gespann-Fahrer: Der gut 1,5 Tonnen schwere Tiguan darf je nach Motor zwei bis zu 2,5 Tonnen an den Haken hängen. Der wenigstens 180 Kilo schwerere X3 zieht "nur" 1,6 bis zwei Tonnen.

Im Vergleich ist der BMW knüppelhart gefedert

Doch Achtung: Alle genannten Zahlen sind Werksangaben, die echten dynamischen Werte kann erst ein späterer Test ermitteln. Hinterm Steuer machen sich bis dahin die subjektiven Empfindungen breit: Beide Motoren halten sich akustisch sehr zurück, beide Sechsganggetriebe lassen sich butterweich und präzise schalten. Die Sitze sind gut geformt, der Fond des Tiguan bietet jedoch bessere, weil höhere Plätze. Auch sind die VW-Rücksitze serienmäßig um 16 Zentimeter verschiebbar. Beim Komfort dann scheiden sich die Popometer: Der BMW ist im Vergleich zum Tiguan knüppelhart gefedert – nicht sehr angenehm. Die Servolenkung des X3 arbeitet präzise, die des Tiguan aber besser. Denn seine rein elektrische Unterstützung lässt lästige Stöße von der Straße gar nicht durchkommen, ist deswegen aber nicht gefühllos. Und spart sogar noch Sprit, weil sie nur arbeitet, wenn der Fahrer das Lenkrad bewegt.

Das darf natürlich auch eine Fahrerin sein, die sich vielleicht auch noch über die vollautomatische Einparkhilfe "Park Assist" (plus 675 Euro) freut. Womöglich will sie mit ihrem Tiguan – dank permanenten Allradantriebs 4Motion – auch mal ins Gelände fahren. Da wäre in diesem Vergleich der BMW etwas besser dran: Er hat vorn weniger Überhang, also den größeren Böschungswinkel. Tiguan-Interessenten sollten statt der "Trend & Fun"- oder "Sport & Style"-Versionen, die VW für den Onroad-Einsatz empfiehlt, den "Track & Field" kaufen. Seine kürzere Nase sorgt für einen Böschungswinkel von 28 Grad, außerdem hat er viele elektronische Gelände-Helfer an Bord. Derzeit wird der Tiguan ab 26.700 Euro angeboten (X3 ab 34.900 Euro). Seine Grundausstattung kann sich sehen lassen: sechs Airbags, ESP mit Gespann-Stabilisierung, Isofix-Befestigungen, Radio mit CD-Player, halbautomatische Klimaanlage, vier elektrische Fensterheber, beheizbare Außenspiegel und Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung.

Der Vergleich mit dem Toyota RAV4 (26.600 Euro) zeigt, dass VW mit einem Kampfpreis einsteigt. Der Tiguan Diesel (140 PS) vertritt die neue Common-Rail-Linie von VW, kostet ab 28.800 Euro. Im Frühjahr kommen noch zwei weitere TSI-Benziner mit 170 und 200 PS auf den Markt. Und der Diesel ist dann auch mit 170 PS zu haben. Kein Märchen: Der Igel dürfte dann endgültig zum Jäger geworden sein.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Diether Rodatz

Die mächtigen "Hoppla, hier komm ich"-SUV werden von der CO2-Debatte ausgebremst, den Kompakten gehört die Zukunft. So gesehen, kommt der Tiguan zum richtigen Zeitpunkt. Und zum richtigen (Kampf-)Preis. Das ist neu bei VW. Bravo!
VW Tiguan TSI
Motor 4-Zyl., Kompr.-Turbo/
Hubraum 1390 cm³
Leistung 110 kW (150 PS)
Drehmoment bei U/min 240 Nm/1750
0–100 km/h 9,3 s
Höchstgeschwindigkeit 192 km/h
Verbrauch (EU-Mix) – CO2 8,4 l S – 199 g/km
Leergewicht/Zuladung 1546/624 kg
Anhängelast gebr./ungebr. 2000/750 kg
Preis ab 26.700 Euro
Stärken erstaunlich komfortabel und preiswert, gute Basisausstattung, hohe Anhängelast
Schwächen Verstellung der Rücksitzlehnen etwas mühsam, herkömmliche Rückleuchten (keine Dioden)
Note 2
Konkurrenten BMW X3 2.0i, 150 PS, 34.900 €; Toyota RAV4 2.0 4x4, 152 PS, 26.600 €
 

    Siehe auch:

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