Praxistest: BMW 7er 740i - Falsch gespart

Mit dem 7er baut BMW die vielseitigste Luxuslimousine der Welt. In Europa mag man den 730d, in den USA den 750 Li und China wartet auf den V12. Doch wer entscheidet sich für den Basisbenziner 740i?

Als BMW in dem schwächlich motorisierten BMW 725 tds erstmals ein Dieseltriebwerk in einem 7er BMW vorstellte, bahnte sich zumindest in Europa böses an: Die Nachfrage war aufgrund des wenig standesgemäßen Vortriebs alles andere als befriedend. Doch beim Nachfolger sah es schon anders aus. Die beiden E65-Dieselmodelle 730d und 745d zeigten, dass Selbstzünder trotz üppiger Fahrzeug-Dimensionen auch Spaß machen können.

Seither tun sich bei BMW die Einstiegsbenziner schwer. Das trifft auch den aktuellen BMW 740i. Wer der Nomenklatur folgend einen Achtzylinder mit mehr oder weniger vier Litern Hubraum vermutet, der irrt: Hinter dem Kühlergrill arbeitet ein alter Bekannter aus den kleineren Baureihen 1er und 3er - und mit sechs Zylindern.

Durch die Bank wurde der doppelt aufgeladene Reihensechszylinder in den kleineren Baureihen gelobt. Seidenweich drehend, spurtstark, mit akzeptablem Verbrauch und mit satten Leistungsreserven hat er sich denn auch in die noch junge 7er Baureihe gefahren.

Die Motorenentwickler drehten an ein paar Stellschrauben bei Motorelektronik und Turboaufladung und statt 306 PS stellt der Motor im rund zwei Tonnen schweren BMW 740i nun 326 PS und ein maximales Drehmoment von 450 Nm zur Verfügung. Das steht bereits ab 1.500 U/min zur Verfügung.

240 kW/326 PS, von 0 auf 100 km/h in 5,9 Sekunden und eine abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h - das sind Werte, die vor Jahren noch für Anerkennung gesorgt hätten. Doch in der Luxusliga ist das heute kaum mehr als fahrdynamische Normalkost. Ein Volltreffer ist das ansonsten prächtige Sechszylinder-Triebwerk denn in der 7er Baureihe nicht. Der Klang zum Beispiel erinnert eher an einen Commonrail-Diesel.

Wenig glaubhaft erscheint einem der von BMW versprochene Durchschnittsverbrauch: 9,9 Liter SuperPlus verbraucht der 5,07 Meter lange Bayer auf Dingolfing allenfalls im seichten Landstraßentrab. In der Innenstadt oder auf der Autobahn hat der doppelt aufgeladene Sechszylinder mit dem zwei Tonnen schweren Luxusmobil seine Mühe - und viel Durst. Durchschnittlich rannen im Test 12,7 Liter durch die Hightech-Einspritzdüsen. Zum Vergleich: Ein BMW 735i der Vor-Vorgängergeneration E38 gab sich damit bei ähnlichen Abmessungen auch schon zufrieden. Und einen standesgemäßen Achtzylinderklang gab es noch dazu.

Die Wahl des passenden Motors kann einen beim 7er BMW daher kaum zum 740er führen. Entweder der Fahrer will sparsam unterwegs sein und entscheidet sich für den 730d, den bald kommenden 735d - oder man ordert gleicht den 750i. Der hat mit seinem 4,4 Liter großen Turbo-V8 und mehr als 400 PS nicht nur den standesgemäßen Klang, sondern bietet auch den Motor, den man von einem 7er mit Benzinantrieb erwartet. Wer die Mischung aus beidem sucht: Im kommenden Frühjahr gibt es mit Verspätung den 7er Hybrid.

Doch der wenig stimmige Sechszylinder mit seinen drei Litern Hubraum ist auch schon das einzige, an das man sich beim 7er BMW nicht gewöhnen möchte. Das elektronisch einstellbare Fahrwerk ist in der Luxusklasse derzeit ohne Konkurrenz. Die Lenkung dürfte aber in den beiden Sportmodi noch etwas direkter sein.

Bereits die Normal-Abstimmung des Fahrwerks liefert kaum nennenswerte Kritikpunkte. Wer es noch komfortabler oder - umgekehrt - sportlicher will, der muss nur den Kippschalter neben dem Automatikhebel bedienen. Der greift in die Vernetzung des Komplettfahrzeugs ein. Das Getriebe arbeitet dezent im Hintergrund und täuscht über einige Unzulänglichkeiten des Sechszylinders gekonnt hinweg.

Die Bedienelemente mit dem sehr guten iDrive und den sinnvoll angeordneten Schaltern an der Armaturentafel erinnern an die alte Perfektion der E38er-Baureihe, bei der man ein paar Dutzend weniger Funktionen zu verwalten hatte. Endlich ist der Tempomat auch wieder am Lenkrad und nicht an einem versteckten Lenkstockhebel zu bedienen. Der 10,2 Zoll große Bildschirm ist eine Wonne – die Rückfahr- und die beiden Frontkameras für unübersichtliche Ausfahrten ebenso.

Im Innenraum haben Entwickler und Designer im Vergleich zur alles andere als überzeugenden Vorgänger-Generationen diesmal einen guten Job gemacht. Gute Noten gibt es auch für die Komfortsitze, die sich - abgesehen von einer ebenso unbequemen wie wenig ansehnlichen Kunststoffleiste bei ausgefahrener Beinauflage - perfekt dem Körper anpassen und nicht umgekehrt. Nicht nur bei flotter Gangart freut man sich über die verstellbaren Seitenwangen, die einem dem nötigen Halt geben, um auch einmal sportlich unterwegs zu sein.

Gerade hierbei setzt der 7er BMW derzeit Maßstäbe. Komfortabel und wenn gewünscht sportlich - das kann derzeit keiner besser. Wer genug Geld in die Hand nimmt, bekommt nicht nur ein nahezu perfektes Auto, sondern auch alle nur erdenklichen Sicherheitsausstattungen für Überholen, Spurhalten, Abstand und so weiter.

Im gewohnt nackten Ausstattungszustand empfängt einen der BMW 740i ab 76.500 Euro. Die besser ausgestattete Langversion kostet 7.000 Euro mehr. Dass der BMW 740i als Basisbenziner noch serienmäßig mit unbeheizten Stoffsitzen und ohne Navigationssystem ausgeliefert wird, ist mehr als peinlich. Ledersitze kosten mindestens 2.310 Euro Aufpreis. Mit sinnvollen und standesgemäßen Details wie Komfortsitzen, Navigationssystem, Vierzonen-Klimaautomatik, Sonnenschutzrollo oder Kurvenlicht knackt man problemlos die 85.000-Euro-Marke. Irritierend: Das komplette Angebot von intelligenten Fahrerassistenzsystemen schlägt nochmals mit über 7.000 Euro zu Buche.  

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